Keine „Glückliche Reise“

Was aus den Textdichtern der Künneke-Operette wurde – Teil 1, Kurt Schwabach

Die junge Karriere der Kardosch-Sänger nahm durch ihre Mitwirkung an der Eduard Künneke Operette „Glückliche Reise“ Fahrt auf: sie sangen in der Uraufführung im November 1932 im Theater am Kurfürstendamm und waren danach bis April 1933 in jeder Vorstellung zu sehen. Sie waren an der Verfilmung mit Max Hansen beteiligt und sangen im Herbst 1933 erneut in der Operette, nun an der „Plaza“. Mehrere Titel aus dem Stück nahmen sie auf Platte auf.
Heute, am 26. Februar vor 125 Jahren, wurde in Berlin Kurt Schwabach geboren, der zusammen mit Max Bertuch die Texte zu „Glückliche Reise“ verfasste und zu einem der produktivsten und erfolgreichsten Schlagertexter im deutschen Sprachraum wurde – obwohl seine Karriere eine lange Unterbrechung während des Nationalsozialismus erfuhr. Es ist schwierig, einem Künstler wie Kurt Schwabach in einem kurzen Beitrag gerecht zu werden.
Mit Anfang 20 verfasste er den Text zu Mischa Spolianskys „Lila Lied“, das die beiden „Dem unermüdlichen Forscher und Freund Herrn Sanitätsrat Magnus Hirschfeld“ widmeten. Er schrieb Texte für Kabaretts (wie das Kabarett der Komiker und die Nelson-Revue), Chansons, und Tonfilme (Pension Schöller, Der ungetreue Eckehart, Ein ausgekochter Junge u. v. m.), gelegentlich Drehbücher (Gruß und Kuss, Veronika), und eben auch die Texte zu „Glückliche Reise“. Mit Willy Rosen schrieb er neben vielen anderen die populären Schlager „Wenn Du einmal Dein Herz verschenkst“, und „Darf ich um den nächsten Tango bitten“.
1933 erhielt er als Jude Berufsverbot. Er ging daraufhin nach London, konnte dort aber nicht Fuß fassen und kehrte zurück nach Deutschland, das er jedoch 1937 endgültig verlies. Nach Stationen in der Schweiz und Wien, ging er nach Prag, von wo aus er sich nach der deutschen Besetzung zu Fuß nach Budapest durchschlug. Von dort aus gelang ihm die Flucht nach Palästina, wo er allerdings 14 Monate lang von den britischen Behörden interniert wurde. Nach seiner Freilassung konnte er sich in Tel Aviv mit Hilfs- und Gelegenheitstätigkeiten über Wasser halten. Seine Mutter Margarete wurde am 20. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert (Beit Theresienstadt/jewishgen.org), wo sie am 30.11.1942 starb – laut Totenschein litt sie an „Melancholie und Trübsinn“ und starb an einer Lungenentzündung. Ruth Hilde Wolff, Kurt Schwabachs Schwester, wurde ins Ghetto von Lodz deportiert und starb dort.
1949 kehrte Kurt Schwabach nach Deutschland zurück. Für Textdichter war es allgemein schwieriger als für viele Komponisten, im Ausland Fuß zu fassen – denn das Werkzeug und Ausdrucksmittel eines Texters ist seine Sprache. In der Bundesrepublik setzte er seine Karriere erfolgreich fort und wurde sogar Präsident des Verbandes Deutscher Bühnenschriftsteller und -komponisten (heute Deutscher Textdichter-Verband). Das von ihm getextete Lied „Bonne nuit ma chérie“ erreichte den vierten Platz im Eurovision Song Contest 1960.
Trotz seiner Erfolge litt Schwabach unter Depressionen, die aus seinen Erlebnissen während der NS-Zeit resultierten, und nahm sich am 26. Oktober 1966 das Leben.

Einige Links zu Kurt Schwabach:


Von den Kardosch-Sängern erschienen folgende Aufnahmen aus „Glückliche Reise“:
„Glückliche Reise“ (Potpourri / „Warum, weshalb, wieso“ – Grammophon 25099 (Aufnahme Februar 1933)
„Warum, weshalb, wieso“ / „Glückliche Reise“ – Kristall 3341, mit Oscar Joost und seinem Orchester als „Singing Jokers“ (März 1933)


Die Operette blieb in der NS-Zeit auf den Spielplänen, und Titel aus ihr wurden weiterhin auf Platte veröffentlicht, es wurden schlichtweg die Namen der Textdichter getilgt. Im April1933 verzichtet beispielsweise das Württembergische Landestheater noch „mit Rücksicht auf die Zeitverhältnisse“ auf die geplante Aufführung (Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigburg, E 18 VIII), bald darauf hatte man sich allerdings arrangiert. M/W