In einer nicht uninteressanten Parallele gelang es dem Bariton der Abels, ähnlich wie dem der Comedian Harmonists (Roman Cycowski), als einzigem Mitglied seiner Gruppe, sich eine dauerhafte, stabile und respektable musikalische Laufbahn aufzubauen: er war nicht nur jahrzehntelang als Sänger von Schlagern und Kunstliedern im Radio zu hören, sondern wurde ein geachteter Gesangspädagoge und Oberkantor des Rabbinerseminars in Budapest. Leider ist es mir trotz seiner erfolgreichen Karriere nicht gelungen, besonders viele Details über sein Leben und seine Laufbahn in Erfahrung zu bringen. Namentlich seine frühen Theaterjahre liegen noch immer im Dunkeln. Gerade in Felekis relativer „Prominenz“ lag teilweise die Schwierigkeit beim Erstellen dieser Biografie. Leider sind einige Internet-Seiten, die Aufschluss zu seinem Leben gaben, inzwischen verschwunden. Auch die Sprachbarriere stellte hier ein großes Problem dar. Bleibt zu hoffen, dass gerade diese Biografie in Zukunft noch ergänzt werden kann.
Rezső Feleki, geboren am 25. Dezember 1900 in Budapest, absolvierte wie Paul Abel die Musikakademie in Budapest: Von 1921 bis 1923 studierte er dort Operngesang unter Professor József Sík. Mit seiner bereits verwitweten Mutter lebte er damals in der István út 20 im 7. Bezirk. Er sprach Ungarisch und Deutsch und arbeitete neben seinem Musikstudium als Bankangestellter. Zusätzlich zu Opern- und Chorgesang belegte er auch Schauspiel- und Tanzunterricht. Als Abschlussprüfung sang er am 5. und 23. März 1923 in Puccinis „La Bohème“ die Rolle des Schaunard; und am 25. März 1923 in „Der Waffenschmied“ den Stadinger. Am 14. Juni erhielt er sein Abschlussdiplom in Operngesang.
Ab 1926 hatte er Engagements als lyrischer Bariton an Theatern in Oradea, Beuthen und Gleiwitz. 1927 war er Hilfskantor in der Großen Synagoge in der Dohány utca in Budapest. Um 1928 ging er schließlich nach Berlin, und wurde dort als Bariton Mitglied von Paul Abels Quartett (möglicherweise kannte er den gleichaltrigen Paul Abel schon von der Musikakademie. Während seiner Engagements an schlesischen Theatern wiederum könnte er József Ballassa, den aus Szeged stammenden Tenor, kennengelernt haben). In Berlin heiratete er am 19. März 1929 die wie er aus Budapest stammende Margit Fischer.
Mindestens zweimal trat er während seiner Zeit als Bariton bei den Abels/Five Songs auch solistisch in Erscheinung: seine Stimme ist auf zwei Telefunken-Aufnahmen mit einem Tanzorchester unter Walter Goehr zusammen mit dem Tenor Eric Helgar zu hören: „Tränen in der Geige“ und „Tag und Nacht hab ich an dich gedacht“. Walter Goehr war der Bruder von Rudoph Goehr, der ab Mitte 1932 die Leitung der Abels/Five Songs übernahm, und durch diese Verbindung dürfte Feleki zu dem Solo-Engagement gekommen sein – allerdings ohne Nennung seines Namens.
Als die Five Songs 1933 nach Ungarn zurückkehrten, schloss sich Feleki nicht wie seine Kollegen der neuen Gruppe um den Pianisten György Gerő an, sondern widmete sich seiner Solo-Karriere. Er war regelmäßig im ungarischen Rundfunk zu hören, und zwar sowohl mit klassischen Liedern als auch mit Unterhaltungsschlagern. Darüber hinaus bewarb er sich um eine Kantorenstelle in der Stadt Kaposvar, die er, obwohl er die Zuhörer beim „Auswahlvorsingen“ am meisten überzeugte, – aus welchen Gründen auch immer – nicht antrat . Er trat dennoch 1935 und 1936 einige Male in der Synagoge von Kaposvar auf.
Auch seine Karriere wurde durch die anti-semitischen Gesetze in Ungarn beendet, und wie die meisten ungarischen Juden, wurde er zur Zwangsarbeit verpflichtet. Seine Frau Margit Fischer Feleki wurde deportiert und ermordet (Eintrag in der Datenbank von Yad Vashem), er selbst entging einmal knapp der Deportation. Seit Juni 1944 lebte er in einem sogenannten „Sternenhaus“ in der Katona József utca Nr. 2, wo er auch die Befreiung erlebte, zusammen mit seinem Schwiegervater Felix Fischer (Eintrag in der Datenbank von Yad Vashem). 1947 heiratete er seine zweite Frau, die Malerin Anni Gáspár (1902-1992).
Glücklicherweise konnte er nach Kriegsende an seine Erfolge als Sänger anknüpfen und war in den 1950er Jahren ein beliebter Rundfunksänger. Sein früherer Kollege István Kardos arbeitete zu dieser Zeit als Korrepetitor für den ungarischen Rundfunk, und so kam es zu zahlreichen Begegnungen der beiden im Rahmen von Radioübertragungen.
Ab 1950 bildete er als Gesangslehrer an der Béla-Bartók-Musikhochschule in Budapest junge Sänger aus; einer seiner berühmtesten Schüler war der Tenor Péter Kelen, späteres Ensemblemitglied der ungarischen Staatsoper. Für kurze Zeit war er Solist des Männerchors des Künstlerensembles der ungarischen Volksarmee. Auf Bitten von Sándor Scheiber, dem Direktor des Rabbinerseminars in Budapest, wurde er 1953 Kantor der Synagoge des Seminars. In dieser Funktion oblag ihm die gesangliche Gestaltung der Gottesdienste in der Synagoge des Seminars, aber auch die musikalische Ausbildung der Kantoren. Er bekleidete dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1981.
Der Organist Györgi Kármán (1933-2008) erinnert sich im Jahr 2003:
„Die jüdische Gemeinde in Ungarn, vor allem die ältere Generation, die den Holocaust überlebt hat, erinnert sich an viele berühmte Chazans, aber es gibt kaum noch Material über ihre Arbeit. Rezső Feleki ist eine Ausnahme. Um seine Geschichte zu erzählen, möchte ich einige meiner persönlichen Erfahrungen weitergeben.
Ich traf ihn zum ersten Mal 1958, als Student an der Musikhochschule. Damals bat er die Studienleitung der Hochschule, ihm einen jungen Pianisten zu schicken, der sich für das Singen von Liedern interessierte, damit er zu Hause einige Werke auf seinem Magnetophon mit Klavierbegleitung aufnehmen konnte. Zu meinem Glück wurde ich zu ihm geschickt. Wir probten mehrere Male und nahmen in der ersten Hälfte des Jahres 1959 14 Schubert-Lieder auf. Als Belohnung für unsere Zusammenarbeit schenkte er mir Kopien der Aufnahmen, die ich bis heute aufbewahrt habe.
1968, kurz vor den Hohen Feiertagen, bat mich Sándor Scheiber, Organist in der Synagoge des Rabbinatskollegiums zu werden. Von dieser Zeit an war die Arbeit und Freundschaft mit Rezső Feleki sehr fruchtbar. 1972 beschloss er, liturgische Musik auf Tonband aufzunehmen. In der Synagoge in der József körút wurden 16 Ausschnitte aus den Schabbat- und Festtagsliturgien aufgenommen. Auch dieses Mal wurden uns Kopien der Aufnahmen geschenkt. In der Tat waren beide Bänder Geschenke, denn er benutzte sie für seine eigene Überprüfung und sein Studium, nicht für die Veröffentlichung.
Im Jahr 1974 wurde sie jedoch veröffentlicht. Hungaroton veröffentlichte mit ihm und dem Goldmark-Chor unter der Leitung von Emil Ádám hebräische Melodien für Schabbat und hohe Feiertage. Das Booklet wurde von Sándor Scheiber geschrieben, der auch vorschlug, die berühmte mittelalterliche Figur aus der Kaufmann-Sammlung, die ein Schofar bläst, auf dem Cover des Albums zu platzieren. Auf der Schallplatte singt Rezső Feleki 5 liturgische Stücke. […]
Im November und Dezember 1994 sowie im Januar und Februar 1995 wurde im Ungarischen Rundfunk eine Reihe von zehn zehnminütigen Sendungen unter dem Titel „Erinnerung an Oberkantor Feleki Rezső“ ausgestrahlt. Als Kollege und Freund wurde ich gebeten, an den Sendungen als Sprecher mitzuwirken. Bei jeder Sendung wurden Ausschnitte aus Aufnahmen von Schubert-Liedern und liturgischer Musik gespielt.
Fast 20 Jahre musikalischer Zusammenarbeit erlauben es mir, einige Erinnerungen an Feleki Rezso, den Künstler und den Menschen, festzuhalten. Jedes Gebet, jedes Gedicht, jede Hymne und jeder Psalm, den er sang, war philosophisch und theologisch durchdacht. Er wusste genau, was er betete und was hinter den Worten stand, seine Diktion war perfekt. Seine Gesangsstimme, seine musikalische Gestaltung, machte den Sinn der Worte auch denen klar, die die Gebete nur allgemein oder gar nicht kannten. […]
Er beklagte sich nie über Müdigkeit und wir probten gewissenhaft vor jedem Feiertag. Er sprach ausgezeichnet Deutsch und war ein Kenner der deutschen Kultur, sowohl musikalisch als auch literarisch. […]
Als Nachfolger der großen Chazzan-Komponisten des 19. Jahrhunderts, Sulzer, Lewandowsky und Friedman, komponierte er auch seine eigenen Werke. Seine Melodien sind noch heute in unserer Synagoge zu hören: der Kiddusch und Psalm 92 am Freitagabend oder Mi Zebrach am Samstagmorgen. Sein Nachfolger Emil Tóth, der Hauptkantor, und die Gemeinde bewahren so sein Andenken. […]
Seine hohe Statur von fast zwei Metern erinnerte mich an die Hohepriester der Antike. Er wurde von allen für seine direkte Menschlichkeit und Freundlichkeit respektiert und geliebt.
Es ist eine historische Tatsache, dass das Nationale Ausbildungsinstitut für Rabbiner in den Nachkriegsjahrzehnten die einzige theologische Hochschuleinrichtung in der Region (in Osteuropa, Anm. d. V.) war. Seine Berühmtheit im In- und Ausland beruhte nicht nur auf dieser Tatsache, sondern auch darauf, dass man bei unseren Gottesdiensten neben den Vorträgen von Sándor Scheiber bei den Freitagabend- Kidduschs auch Rezső Feleki zuhören konnte.“
Die Internetseite, auf der Kármán seine Erinnerungen und auch die Tonbandaufnahmen mit Feleki teilte, existiert leider nicht mehr.
1981 wurde Feleki anlässlich seines 80. Geburtstags geehrt:
Am 19. November 1981 starb Rezső Feleki. In der Zeitung „Új Élet“ (Neues Leben) des Verbands der jüdischen Gemeinden in Ungarn erschien ein langer Nachruf von György Kármán.
Das Grab von Rezső Feleki und Anni Gáspár Feleki befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in der Kozma utca (5B-8-23).
Aufnahmen mit Rezső Feleki aus der LP „Hebrew Melodies For Sabbath And High Holidays“, Hungaroton – SLPX 18018, aus dem Jahr 1977:
A békeharc dala – Hungaroton Classics, 1952